Von der Heiligkeit des Menschen

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Von der Heiligkeit des Menschen

Gedanken zu Johannes 3,14-21

1

„Da liegt einer“, ruft das Kind zur Mutter und zeigt auf die Parkbank. Tatsächlich, denkt die Mutter, da liegt einer. Eingewickelt in eine Decke. Scheinbar. Erst beim zweiten Hinsehen erkennt die Mutter und dann auch das Kind, dass es sich hier um Kunst handelt, um eine Skulptur. Auf einer Bank aus Bronze liegt einer aus Bronze, eingewickelt in eine Decke aus Bronze. Und schließlich, bei noch genauerem Anschauen, liegt da nicht irgendeiner, sondern einer mit Wunden an den Füßen. 

2

„Homeless Jesus“, „Heimatloser Jesus“ heißt die Skulptur des kanadischen Bildhauers Timothy P. Schulz. Auf diesem Bild steht sie am Eingang der Benediktinerabtei St. Bonifaz in München. In der Abtei kümmert man sich verstärkt um Obdachlose und hatte das Kunstwerk im April 2023 erbeten. Es steht nämlich als ebensolche Bronzeskulptur schon in über 100 Städten in der Welt. Das ist die Absicht des Künstlers: Aufmerksam machen. Timothy Schulz sagt: „Möge diese Skulptur diejenigen, die an Ihrem Gebäude vorbeigehen, daran erinnern, dass alles menschliche Leben heilig ist, und …dass der Menschensohn mit ihnen und einer von ihnen ist.“

3

So einfach ist das. Leben ist heilig. Und Jesus heiligt die, die ausgegrenzt und verspottet sind wie er. Dazu bedarf es nur einer Idee wie dieser: Jesus auf einer Parkbank, eingewickelt in eine Decke, an den Füßen Wundmale. Jesus selber sagte ja (Lukas 9,58), dass der Menschensohn nichts habe, wo er sein Haupt hinlegen könne. Als sei er obdachlos in unserer Welt. Darum schätzte er die Menschen, die sich der Fremden und Heimatlosen annehmen (Mt 25,35) und versprach ihnen das Himmelreich - weil sie in den Geringsten immer Jesus selber erkennen. 

Jesus wusste, was es bedeutet, ohne Dach über dem Kopf zu leben und dazu noch die Verachtung anderer zu spüren. An denen, die aus der Welt gefallen sind, gehen viele lieber schnell vorbei und tun so, als hätten sie nichts gesehen. Oder sie schauen hin, machen ein paar Sprüche und rümpfen ihre Nase.

Manche meinen ja, sie würden allein schon deswegen zu einem besseren Menschen, weil sie auf andere herabschauen. Das ist ein Irrtum. Verachtung von anderen ist, wie Jesus sagt, ein Werk der Finsternis. Ein Werk des Lichts ist es, Menschen aufzurichten. Und ob wir in unserem Leben Werke des Lichts oder der Finsternis vollbringen, wird Gott eines Tages bewerten. Es wird ein Gericht geben, sagt Jesus. Und da gehören wir dann auf die Seite des Lichts, hoffentlich.

4

Wir können natürlich die Obdachlosigkeit in der Welt oder in unserer Nähe nicht ändern. Aber wir können etwas anderes, mindestens so Wertvolles tun: Wir können die, denen wir auf Straßen und Plätzen begegnen, achten. Wir können ihnen respektvoll begegnen. Wir müssen sie nicht verächtlich anschauen und ihnen auch nichts Beleidigendes zurufen. Wir müssen keine Sprüche machen wie „Sind alle selber schuld“ oder: „Die wollen nur trinken“. Das alles müssen wir nicht. Dagegen dürfen wir sie ansehen, als seien sie heilig - wie unser Herr Jesus.

Menschen sind heilig. Längst nicht alles, was Menschen tun, ist heilig. Aber Menschsein als solches ist heilig. Die Taten eines Menschen sind nie der ganze Mensch. Da ist noch etwas, was uns niemand nehmen kann, auch das böseste Tun nicht: die Würde.

5

Wäre die Skulptur ein Mensch auf einer Parkbank, könnte man ihm oder ihr auch etwas hinstellen oder etwas zustecken — vielleicht einen Pullover oder etwas Geld. Wäre der Mensch wach, könnte man ihn doch freundlich ansehen. Verächtlich schauen muss niemand. Und ganz tief im Herzen dürfen wir uns daran erinnern, dass Jesus in einer ähnlichen Lage war. Er beschwerte sich darüber nicht. Dafür war er voller Hoffnung, dass Menschen, die an ihn und die Liebe glauben, in anderen Menschen die Heiligkeit entdecken. 

Heilig sind Menschen, weil wir alle Gottes Kinder sind.

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