Liebe

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Liebe

Eingewurzelt und gegründet in Liebe

Gedanken zu Epheser 3,17

1

Das Häusermeer zieht an der fahrenden U-Bahn vorbei. Mauern, Schornsteine, Dächer, Fenster sind in schneller Fahrt zu sehen. Darunter Menschen und Autos auf den Straßen. Plötzlich erscheinen an einem Haus große Buchstaben, so hoch wie ein ganzes Stockwerk: LOVE ME. 

Wer hat diese Botschaft dort angebracht und damit in die Welt gesetzt? Und was will er oder sie damit sagen? Ich denke darüber nach, was wohl gemeint sein kann. Denn ich höre zuerst den Imperativ, die Befehlsform, die mir sagt: LOVE ME – „Liebe mich!“ Und ich überlege: Geht das eigentlich? Kann man jemandem befehlen, einen zu lieben? 

2

Solche Versuche werden ja gemacht. Wer geliebt werden möchte, unternimmt so manches, damit das gelingen kann: Kleine Aufmerksamkeiten und Geschenke, nette Nachrichten auf dem Handy, auch eine Einladung zum Essen können die Liebe eines Menschen erwecken. Können sie – aber sie müssen nicht. Und vor allem: Sobald Druck oder Zwang ins Spiel kommen, ist es vorbei mit dem noch jungen Pflänzchen Liebe. LOVE ME als Aufforderung, als Befehl – das funktioniert doch eigentlich gar nicht, oder?

3

Die Welt ist ja voll von allerlei Versuchen, Liebe, wenn sie nicht freiwillig entsteht, zu erzwingen. Wenn es nur bei Liebesbriefen bleibt, ist es ja noch harmlos. Aber leider gehen Menschen in dem Augenblick, in dem sie ihre Gefühle von anderen verletzt sehen, manchmal auch mit Druck oder gar Gewalt zum Gegenangriff über. Gewalt in Partnerschaften und besonders Gewalt gegen Frauen gibt es auch in Deutschland unvorstellbar oft: „Laut kriminalstatistischer Auswertung des Bundeskriminalamts zu Partnerschaftsgewalt waren 2023 in der Welt 132.966 Frauen und 34.899 Männer von Gewalt in einer Partnerschaft betroffen.“ So sagt es die Organisation UN Women. Ich finde diese Zahl unvorstellbar hoch. Was sagt das über unsere Gesellschaft aus?

4

Es war Marcel Reich-Ranicki (1920–2013), der berühmte Literaturkritiker, der einmal sagte: „Keine Liebesgeschichte geht gut aus.“ Als ich das las, wollte ich sofort widersprechen. Denn natürlich gibt es Liebesgeschichten, die nicht gut ausgehen, weil die beiden dann doch nicht zusammenpassen – oder weil die Liebe nur den einen Menschen erreicht und vom anderen nicht geteilt wird. Aber gibt es daneben nicht noch jede Menge Liebesgeschichten, die in einer langen Beziehung, vielleicht sogar in einer Ehe münden, und die dann am Ende – so wie vor dem Altar versprochen – mit dem Tod enden?

Ja, die gibt es! Und genau da dämmerte mir, dass auch dieses Ende im Sinne der Liebe kein gutes ist. Ich habe bei Trauergesprächen genug Witwen und Witwer getroffen, die über den Tod ihres geliebten Menschen nicht hinwegkamen. Und das wird es wohl sein, was Reich-Ranicki mit seinem Satz meinte: Keine Liebesgeschichte geht gut aus. 

5

„Ihr seid in der Liebe eingewurzelt und gegründet“, schreibt der Verfasser des Epheserbriefes an die Menschen in der Gemeinde (Eph. 3,17). Wer das Vertrauen zu Gott gefasst hat, hört hier, dass von einer Liebe die Rede ist, die nicht wieder aufhört und von der man auch nicht wieder getrennt wird. Die Aufforderung LOVE ME braucht es hier nicht mehr. Weil der Raum der Liebe Gottes schon für alle Menschen geöffnet ist. Und diese Liebe endet nicht mit dem Tod. „Ihr seid in der Liebe eingewurzelt und gegründet.“ Das bleibt. Eine stärkere Zusage kann es nicht geben. Auf diese Liebe können wir unser Vertrauen setzen.

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