15/12/2024 0 Kommentare
Gedanken zu einem „Leben nach dem Tod“ (Psalm 90,3)
Gedanken zu einem „Leben nach dem Tod“ (Psalm 90,3)
# Impulse

Gedanken zu einem „Leben nach dem Tod“ (Psalm 90,3)
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Gibt es ein Leben nach dem Tod? Der junge Mann auf dem Bild will das wissen und liest den Bestseller aus dem Jahre 1975 vom amerikanischen Psychologen Raymond A. Moody (geboren 1944). Das Buch gibt es noch. Es beschreibt 150 Menschen, die von ihren Nahtoderfahrungen erzählen. Die Menschen im Buch berichten von Augenblicken in der Nähe ihres Todes, wie sie meinen – und was sie da sahen, empfanden, fühlten. Viele empfanden ihren nahen Tod nicht als „Ende“, sondern als eine Art Übergang in etwas Helles, Weites. Manche meinten auch, Jesus sei da, der sie ruft oder geleitet.
Wir können über solche Empfindungen nicht urteilen. Empfindungen hat man – wir dürfen sie anderen Menschen nicht absprechen. Ob sie wahr sind im Sinne von wirklich und beweisbar, ist eine ganz andere Frage. Darüber wissen wir nichts. Es gibt auch Menschen, die bei ihrem „Nahtod“ von keinen besonderen Empfindungen erzählen.
2
Gibt es ein Leben nach dem Tod? Das möchte wohl jeder Mensch wissen – im Stillen oft auch die, die immer behaupten, das interessiere sie nicht. Die Frage ist berechtigt. Schließlich hat Jesus ja davon gesprochen. Es gebe einen Himmel und ein Gericht, hat Jesus gesagt (Mt 25); er verspricht dem Verbrecher neben sich das „Paradies“ (Lk 23,43); und seiner guten Bekannten Marta sagt er nach dem Tod ihres Bruder Lazarus (Joh 11,25): Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt.
Jesus ist nicht der erste, der mit eher zarten Worten von einem Leben nach dem irdischen Leben spricht. Fast poetisch sagt der Psalm 90, geschrieben etwa 400 Jahre vor Jesus, bei aller Vergänglichkeit des Menschen auch diese Worte Gottes weiter: Der du die Menschen lässest sterben und sprichst: Kommt wieder, Menschenkinder. Die Toten werden gerufen werden von Gott. Wann und wohin sie gerufen werden, das steht hier nicht. Vielleicht müssen wir das auch nicht wissen. Dann genügt es zu wissen, dass Gott, der unser Leben auf der Erde gewollt hat, uns auch in seiner neuen Welt haben will.
3
Die entscheidende Frage ist nicht, ob es ein Leben nach dem Tod gibt; die entscheidende Frage ist, ob Gott uns diese Erde geschenkt hat und uns Menschen das Erdenleben schenkt – und uns dann in ein Nichts fallen lässt und für immer vergisst? Ist das vorstellbar? Dass Gott, der unser Hirte sein will, seine Herde dann sozusagen nicht mehr kennt – als habe es sie nie gegeben? Ist es vorstellbar, dass Gott nur für Lebende da ist? Und sich für Tote sozusagen nicht mehr interessiert?
Wenn es Gott gibt, seinen liebenden Sohn und seinen Geist des Lebens, dann kann der Tod niemals so mächtig sein, dass er uns für immer verschwinden lässt. Was wäre das für ein armseliger Gott, der einen so mächtigen Tod zulässt? Nein, wenn Gott Schöpfer und Erhalter des Lebens ist, ist er mächtiger als der Tod. Und wird uns – auf welche Weise auch immer – eines Tages zurufen: Kommt wieder, Menschenkinder.
4
Wir sollten nicht zu viel darüber fantasieren und spekulieren, wie das alles einmal sein wird und wann das sein wird. Was wir denken und sagen können ist: Gott wird uns rufen, in seine Nähe. Mit guten Gründen dürfen wir das hoffen, wie Psalm 90 und Jesus und Paulus das sagen oder schreiben. Wann und wie das alles geschehen wird, ist nicht unsere, sondern allein Gottes Sache. Das Wie überlassen wir Gott.
Und sorgen uns lieber darüber, dass wir in Gottes Sinne leben und „ihn rühmen und fröhlich sind unser Leben lang“.
5
So schmerzlich es oft ist, einen Menschen begraben zu müssen, der uns am Herzen lag – wir werden einander wiedersehen. Das Leben auf Erden beantwortet viele Fragen nicht. Manche Menschen haben im Leben gelitten, sie haben Leid erlebt, das andere ihnen angetan haben – sie erwarten von Gott Genugtuung. Andere haben sich um nichts anderes gekümmert als nur um sich selber – auch sie werden von Gott dazu befragt werden. Der Himmel wird das Leben ausgleichen. Auch das gehört zu Gottes Wollen.
Für uns bleibt: die sichere Seite, das Leben. Und unsere beherzte Gestaltung des Lebens im Angesicht Gottes. Wir leben die Liebe, die Achtung vor anderen Menschen. Wir geben nicht klein bei, aber wir achten bei Kritik, bei Wut und bei Schmerz immer auch darauf, dass wir die Würde anderer möglichst nie verletzen. Der Himmel ist die Summe der Liebe. Wenn wir uns in Gottes Namen um Liebe bemühen (EG 361,12), „so gehen unsre Wege gewiss zum Himmel ein“.
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