18/06/2025 0 Kommentare
Ein Fels aus Treue
Ein Fels aus Treue
# Impulse

Ein Fels aus Treue
Gedanken zu Predigttext Matthäus 16,13-19
1.
„Als Christus in einem bedeutungsvollen Augenblick Seine große Gemeinschaft stiftete, erwählte er zum Grundstein nicht den brillanten Paulus und nicht den tiefsinnigen Johannes, sondern einen Drückeberger, einen Snob, einen Feigling – kurz, einen Menschen. Und auf diesen Fels baute Er Seine Kirche.“ Gilbert K. Chesterton (1874–1936), Englischer Schriftsteller
2.
Da steht er, als hätte ihn Gott selber dort hingestellt: Der Heilige Petrus vor dem Petersdom in Rom, vor der Kirche des Papstes. Mehrere Meter hoch, unübersehbar schon von Weitem, ein Schlüssel in seiner rechten Hand – den „Schlüssel des Himmelreiches“. Die Haltung der Skulptur drückt aus, was das Papstamt schon immer sagt: An uns kommt keiner vorbei. Wer die Schlüssel hat, bestimmt über Öffnen und Schließen einer Tür.
Es geht hier aber nicht um irgendeine Tür, sondern um die Tür zum Himmelreich. Der Papst, also die römisch-katholische Kirche, hat das Sagen über den Himmel. Ob Jesus das gemeint hat, als er den Fischer Simon zum „Petrus“ ernannte, zum Felsen der Gemeinde Christi?
3.
Das können wir nicht wissen. Zwischen dem Gespräch mit Jesus hier im Matthäusevangelium und möglichen Amtshandlungen des Petrus als Bischof von Rom und erster Papst liegen vermutlich um die zwanzig Jahre – vorausgesetzt, Petrus hat überhaupt schon „Amtshandlungen“ vollzogen. Die ersten kleinen, christlichen Gemeinden waren in vielem selbstständig und haben sich „von Rom“ nicht viel sagen lassen, dürfen wir vermuten. Zumal Petrus ja Jude gewesen war und sich nicht gut auskannte mit Menschen, die vor ihrer Taufe vielleicht in einer ganz anderen Religion gelebt hatten.
Zu Petrus Zeiten gab es noch keine „Kirche“, also einen Zusammenschluss von Gemeinden. Die Gemeinden bestimmten weitgehend selber, wie sie ihren christlichen Alltag lebten. Außerdem kannten sich die Gemeinden untereinander kaum – höchstens durch Erzählungen von Aposteln, die herumreisten. Es gab wenig zu entscheiden, was ein „erster Papst“ zu entscheiden gehabt hätte.
4.
Dennoch ist es erstaunlich, dass und wie Jesus ausgerechnet den Simon zum Petrus, zum Felsen erwählt. Petrus gehörte zu den ersten Jüngern, war Zeuge der Kreuzigung und der Auferstehung, liebte Jesus und verleugnete ihn gleichzeitig – wohl aus Angst, selber auch verhaftet und getötet zu werden. Die Verleugnung hat Jesus ihm verziehen, als er Petrus später darum bat, die Gemeinde zu behüten (Joh. 21,15-17). Vermutlich hat Jesus gedacht, dass Petrus ihm besonders die Treue halten wird, wenn ihm sein Verleugnen verziehen ist. Da hatte Jesus Recht. Petrus, der Fischer, lebt seit dem ersten Pfingstfest und seit seiner ersten Predigt – mit anschließender Taufe von vielen Menschen – in besonderer Treue zu Jesus. Simon, der Jünger, wird tatsächlich zu dem Felsen, den sich Jesus für seine Gemeinden, für seine Kirche wünschte. Aus einem, der lange im Schatten Jesu war, wird so etwas wie die erste Sonne der Kirche.
5.
Zweifellos erhält Petrus hier und am Schluss des Johannesevangeliums einen besonderen Auftrag. Das befähigt ihn in den Jahrzehnten nach dem ersten Pfingstfest, in Jerusalem und vielleicht später auch in Rom Weichen zu stellen für die spätere allgemeine, also katholische Kirche. Ob er dabei auch über den Weg in den Himmel entschieden hat, ist eher unwahrscheinlich. Dennoch ist der Schlüssel, den Petrus symbolisch von Jesus erhält und der sein Bildnis vor dem Petersdom prägt, von entscheidender Kraft. Petrus erhält seinen Auftrag von Jesus selbst. Das ist dem eher unscheinbaren Fischer wichtig. Er ist aus erster Hand ernannt. Und: Er kennt Jesus persönlich - im Unterschied zu Paulus.
Und dann ist da noch etwas, was wir in der Person und in einem möglichen Amt des Petrus nicht unterschätzen sollten: Petrus ist von Jesus etwas verziehen worden, was eigentlich unverzeihlich ist – die Verleugnung des Freundes. Dieses Verzeihen ist ein großes Glück. Zugleich bleibt aber in Petrus wohl immer auch die Scham, Jesus überhaupt verleugnet zu haben.
Scham und Gnade, beides beherrscht Simon Petrus. Weil er sich dessen bewusst ist, wird er zu einem wirklichen Felsen -– zu einem „Fels aus Treue“ zu Jesus.
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