Dem Himmel so nah

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Dem Himmel so nah

Gedanken zu Psalm 8,4-5

1.

Hier stehen nicht nur zwei Männer – hier stehen wir alle, die wir dieses Bild betrachten. Zum einen betrachten wir das Bild mit den zwei Männern; zugleich betrachten wir aber, wie die zwei Männer, auch den Mond. Wir werden sozusagen eins mit ihnen. 

Dieses Bild ist eines der Bilder, die in die Zeit der Deutschen Romantik gehören. Es ist die Zeit der großen Sehnsucht, des Heimwehs, des Wunsches nach Erlösung vom Irdischen und der Verschmelzung mit dem Himmlischen. All das ist im Bild von Caspar David Friedrich ausgedrückt. Die Männer, gekleidet in einer Art Tracht, stehen seitlich auf einem Felsen. Um sie herum Bäume, ein Nadelbaum und einer ohne Blätter. Beherrscht wird das Bild aber vom Mond, der als ganzer angedeutet ist und als Sichel zugleich anzeigt, dass er ein zunehmender Mond ist. Die Männer stehen eher lässig da, zwanglos. Einer stützt sich auf seinen Stock, der andere stützt sich auf den Mann neben ihm. Es ist eine große Stille auf dem Bild. Je länger wir selber darauf schauen, desto mehr werden wir eins mit allem. Der Himmel kommt uns nahe.  

2.

In dieser Woche – am 5. September, freundlicherweise direkt am 251. Geburtstag von Caspar David Friedrich – ist wieder der Ökumenische Schöpfungstag; immer am ersten Freitag im Monat September. Der Arbeitskreis Christlicher Kirchen (ACK) hat diesen Tag 2010 ausgerufen und festgelegt. Inhaltliche Grundlage ist der „Lobpreis des Schöpfers, die Umkehr wegen des menschlichen Vergehens an der Schöpfung und das Einüben konkreter Schritte (‚Schule des Mit-Leidens‘).“ So richtig ins Bewusstsein der Gläubigen ist dieser Tag noch nicht gedrungen. Das soll uns aber nicht abhalten, daran zu erinnern. Die Schöpfung braucht uns Menschen eher nicht. Wir brauchen die Schöpfung, um uns zu erhalten und als Menschen zu überleben.

3.

Bleiben wir beim „Lobpreis des Schöpfers“. So könnten die beiden Männer empfinden, die hier den Mond betrachten. Und weil sie wie viele damals vermutlich bibelfest sind, wird ihnen der Psalm 8 einfallen, der voll Staunen bedenkt und fragt:

 

Wenn ich sehe die Himmel, deiner Finger Werk,

den Mond und die Sterne, die du bereitet hast:

was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst,

und des Menschen Kind, 

dass du dich seiner annimmst?

Das ist eine gute Frage. Gott hat so viel geschaffen, was gut ist und hilfreich – wie findet er da noch Zeit, an Menschen zu denken? Diese Frage könnte die beiden Männer auf dem Bild beschäftigen. 

Oder denken sie vielleicht gar nichts mehr, sondern sind schon vom reinen Staunen ergriffen? Eigentlich sehen sie ja etwas völlig Alltägliches, nämlich einen zunehmenden Mond. Aber je länger sie das Alltägliche betrachten, desto mehr wird es ihnen zum Wunder. Sie sind wie gefangen von der Erhabenheit dieses Augenblicks. Und ihnen und uns ist, als komme uns der Himmel ganz nahe.

4.

Vielleicht betrachten wir zu wenig; vielleicht rauschen wir durch die Schöpfung, ohne sie wirklich wahrzunehmen. Und weil wir zu wenig betrachten, staunen wir dann auch zu wenig, das könnte ja sein. Caspar David Friedrich war einer, der staunen konnte; und der sein Staunen dann auch zum Ausdruck bringen konnte mit Farben auf der Leinwand. Er malt nicht nur, was er sieht. Er nimmt uns auch gleich noch mit. Es ist fast unmöglich, von Friedrichs Bildern nicht gefangen zu sein – auch von dem stillen Lob des Schöpfers, das sich in diesem Bild spiegelt. Wer ist der, der so herrliches erschaffen konnte? Wer kann die Größe Gottes erfassen? Wir können es nur, wenn wir schweigen, betrachten, staunen und das Geschaffene schützen. Der Schöpfer dient uns in seiner Schöpfung. Dienen wir ihm durch Bewahrung der Schöpfung.

5.

Vielleicht heute Abend schon, wenn der Himmel ein wenig offen sein sollte. Wir könnten nach draußen gehen und betrachten, wie der Himmel sich darstellt. Über das wunschlose Betrachten werden wir zum Staunen finden und denken: Wenn ich sehe die Himmel, deiner Finger Werk, den Mond und die Sterne, die du bereitet hast: Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst? Wer bin ich, dass du, großer Gott, mich behütest? 

Das ist dann der Moment der Dankbarkeit.

In unserer Dankbarkeit kommt uns der Himmel ganz nah.

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