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Beten – Abschied von den Wünschen

Gedanken über das Beten

1. 

Was für ein wunderbares Bild; ein Denkanstoß. Es vereint etwas Gegensätzliches. Vertrauen wird dargestellt und zugleich infrage gestellt. Vertrauen wird nicht einfach verlangt; sondern auch befragt: Kann ich vertrauen? Muss ich vertrauen? Und wenn es nicht gelingt oder enttäuscht wird?

Das Bild antwortet auf beides. Vertrauen ist ein Risiko. Es trägt das Fragezeichen schon in sich. Ob ich wohl enttäuscht werde?

2.

Ein ähnliches Bild könnte man zeichnen mit dem Wort Gebet. Das trägt auch die Fragen in sich, ob es sich lohnt, ob es erhört wird – und wenn ja, wie? In Johannes 16 sagt Jesus, dass Gott uns geben wird, worum wir ihn in Jesu Namen bitten werden. Da hat man viel Hoffnung und zugleich viele Zweifel: Wirklich? Gibt uns Gott das, was wir in Jesu Namen erbitten? Und wann gibt er?

Andere sagen uns über das Beten: Gott gibt uns nicht immer das, was wir wollen; aber immer das, was wir brauchen. Auch der Gedanke ist schön. Er verhindert, dass unser Beten zu einem Wunschkonzert wird. Und wir erinnern uns, dass Jesus, als er seinen großen Wunsch an Gott ausgesprochen hatte, sein Gebet mit den Worten beendet hat (Lukas 22,42): „ … doch nicht mein, sondern dein Wille geschehe!“ Jesus traut Gott einen weiteren Blick zu, einen besseren Überblick. Jesus weiß, dass Gott mehr sieht und weiter sieht als wir. Auch Teresa von Ávila (1515–1582), die spanische Mystikerin und Kirchenlehrerin, hatte schon aufgeschrieben: „Mehr Tränen werden über erhörte Gebete vergossen als über die unerhörten.“ 

3.

Beten sollte ein Abschied sein; ein Abschied von den Wünschen. Natürlich sammeln sich im Leben Wünsche an; manchmal schon an einem Tag - Wünsche, die wir für uns haben oder für andere. Natürlich gibt es - über den Tag verteilt - diese kleinen seufzenden Gebete, dass doch bitte dies oder das sei; dass Gott doch bitte hier oder da eingreifen oder etwas nicht zulassen möge. Nahezu jeder Seufzer ist ja wie ein Gebet, eine kleine Hinwendung an etwas Größeres als wir.

Manchmal sind diese kleine Bitten eines Tages aber mehr eine Ansammlung von Wünschen als ein Gebet. Beten ist ein Abschied von den Wünschen. Wir wenden uns beim Beten ja nicht an einen, der Wünsche erfüllt, sondern an den Herrn der Geschichte. Ihn können wir bitten, natürlich; aber ihm lassen wir zugleich die große Freiheit, dass er mit unseren Bitten das macht, was ER will; und nicht das, was wir wollen. Beten ist ein Anerkennen der Größe Gottes, begleitet von der einen oder anderen Bitte. Aber eben ein Anerkennen der Größe Gottes. SEIN Wille möge geschehen - auch wenn mir der nicht passt.

4.

Das Märchen vom Fischer und seiner Frau sollte uns eine kleine, andauernde Mahnung sein. Erfüllte Wünsche gebären immer neue Wünsche, vielleicht auch immer größere. Erfüllte Wünsche müssen nicht glücklich machen. Der Philosoph Immanuel Kant (1724–1804) hat sogar geschrieben: „Gib einem Menschen alles, was er sich wünscht, und im gleichen Moment wird alles nicht mehr alles sein.“ Das ist das Problem mit unseren Wünschen. Werden sie erfüllt wie im Märchen von der Frau des Fischers, tritt nicht etwa Ruhe ein. Sondern sie können noch mehr werden, die Wünsche. Im schlimmsten Fall wachsen sie ins Unermessliche. 

5.

Dann doch lieber Vertrauen; Vertrauen in die Weisheit Gottes. Auch da bleiben Fragezeichen, wie uns das Bild zeigt. Unsere Vorstellung vom Leben kann sehr anders sein als Gottes Vorstellung von unserem Leben. Gerade diesen Unterschied überbrückt das Gebet, wenn es Abschied nimmt von den Wünschen.

Anstelle der Wünsche tritt die Anerkennung und die Anbetung der Majestät Gottes, im Sinne von: Ich weiß, dass Du, Gott, es besser weißt. Darum möge Dein Wille geschehen – auch wenn mein Wille vielleicht sehr groß und anders ist. Mag ich noch so viele Wünsche und Bitten haben – Du, Gott, bist der Herr meines Lebens, nicht ich.

Beten ist Anerkennung der Weisheit Gottes. Das schließt nicht aus, dass wir Bitten haben und auch haben dürfen. Es schließt aber aus, dass wir uns an diese Bitten klammern oder gar das Beten einstellen, wenn sich die Bitten nicht erfüllen. Beten ist keine Augenhöhe zu Gott, sondern ein Anerkennen seiner Majestät, seiner Größe, seines Weitblicks. Auch wenn unser Vertrauen vielleicht nicht zweifelsfrei ist - das Gebet beendet den Zweifel. Weil es ausdrückt: Nicht ich, sondern Du bist der Herr. Mach‘ es mit mir nach Deiner Güte.

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